Geschichte
Seit 200 Jahren ist die Theater- und Musikgesellschaft Zug ein Kind ihrer Zeit und hat zugleich ihre Zeit mitgeprägt. Alle 60, 70 Jahre hat sie es als ihre Aufgabe empfunden, dem Theater, der Musik, dem festlichen Anlass und dem geselligen Leben ein jeweils zeitgemässes Haus zu bauen und zur Verfügung zu stellen. Die Weiterführung dieser kulturellen Aufgabe sei vertrauensvoll und zugleich verpflichtend in die Hände der jetzigen wie der kommenden Generationen gelegt.
Dr. Peter Hoppe, früherer Staatsarchivar des Kantons Zug
Ab Beginn der Saison 2009/10 prägte Samuel Steinemann insgesamt elf Spielzeiten der Theater- und Musikgesellschaft Zug. Immer wieder, insbesondere in der Musiksparte, gelang es ihm, Weltklasse nach Zug zu bringen. So etwa feierte der russische Meisterpianist und Dirigent Mikhail Pletnev nach einem jahrelangen Karriereunterbruch sein Comeback als Pianist im Theater Casino, der legendäre Buena Vista Social Club gab mit Omara Portuondo eines der letzten Konzerte, Nigel Kennedy war zu Gast, und Jazzgrössen wie Chick Corea, Brad Mehldau und Hiromi traten im Theatersaal auf. Samuel Steinemann entdeckte auch den Festsaal als Raum für offene Bühnengestaltungen und als Kammermusik-Juwel mit seiner gerade in renommierten Künstler:innen-Kreisen viel gepriesenen Akustik. Einzigartige Kreativität zeigten die Pedalo-, Floss- und Karussellkonzerte auf dem und am Zugersee. Internationale Beachtung erhielt «Casino Style», eine Veranstaltungsreihe für junge Erwachsene mit einem klassischen Spätkonzert, dem einzigartigen Klassik-Battle und anschliessender DJ-Party, die insgesamt 6000 junge Menschen ins Casino lockte.
Während der Sanierung des Theater Casino Zug zwischen Mitte 2016 und Mitte 2017 entwarf er eine komplette Spielzeit unter dem Titel "Casino. Gespielt wird immer." in 14 verschiedenen Spielorten. Jazz-Konzerte in der Zuger Stadtbahn, Rossinis «Barbier» auf dem Bauernhof, ein Streichquartett-Konzert in einer V-ZUG-Produktionshalle, die Hauptspielstätte Shedhalle und vieles mehr sind bleibende Erinnerungen einer kreativen Veranstaltungssaison.
Samuel Steinemann gab immer wieder Künstlerinnen und Künstlern aus der Region eine Plattform, beispielsweise 300 Zuger Mitwirkenden beim 30-Stunden-Kulturfest «Lampenfieber», zahlreichen Chorformationen bei der 1. Zuger Chornacht und regelmässig der Zuger Sinfonietta, verschiedenen Zuger Chören. Er suchte Kooperationen mit Zuger Institutionen, so etwa mit dem Young Dance Festival, dem Akkordeon Festival Zug, dem Türkischen Kulturverein Zug und weiteren.
Im Folgenden sind die Highlights jeder Saison zusammengefasst.
Saison 2019/20
Die Saison 2019/20 ist die letzte, komplett von Samuel Steinemann programmierte Spielzeit. Neu eingeführt wird die Plattform für junge Talente aus der Region "Next Generation Talents". Per 1. November übernimmt Katrin Kolo die Intendanz und zeichnet für das Programm ab 2020/21 verantwortlich.
Saison 2018/19: Highlights
- Lancierung des Dinner-Spektakels «Casino on Fire»
- Begleitung im Entwicklungsprozess sowie Zusammenarbeit mit der (ersten) Zuger Chornacht
- Martin Zimmermann: «Eins Zwei Drei» (Ko-Produktion)
- Türkischer Festtag feat. Taksim Trio (in Zusammenarbeit mit dem Türkischen Verein Zug)
- Fatoumata Diawara
- Bodo Wartke & Melanie Haupt: «Antigone»
- Ruedi Häusermann: «Letzter Aufruf für Ursin und Kubus»
- Patricia Kopatchinskaja & Camerata Bern
- Theater Freiburg: «Ein Sommernachtstraum» (Regie: Ewelina Marciniak)
- Klavierrezital Jan Lisiecki
- Cuba Weekend feat. Juan de Marcos & The Afri-Cuban All Stars
- Mario Venzago, Klavierduo Soós-Haag, Zuger Sinfonietta
- Hazel Brugger: «Tropical»
- Andreas Ottensamer, Klarinette; Schumann Quartett
- Avishai Cohen Trio
- Geneva Camerata: «Dance of the Sun»
Carl und Tobias Rütti: «Der Kreis» (Uraufführung)
Saison 2017/18: «Frisch geöffnet!» - die erste Saison nach der Sanierung
«Frisch geöffnet!» das grosse Eröffnungswochenende»
Am 16. und 17. September 2017 wurde das frisch sanierte Theater Casino Zug an einem grossen Eröffnungswochenende der Zuger Bevölkerung übergeben. Das Highlight des Wochenendes war die spektakuläre Licht- und Videoshow von Projektil. Aber auch Zuger Vereine präsentierten sich in Kurzvorstellungen, Bands aus Zug wie Delilahs und RundFunk spielten auf, bevor der Schweizer Soulsänger Seven die Bühne im Festsaal rockte. Thematische Führungen, kulinarische Köstlichkeiten und eine offizielle Eröffnungsfeier rundeten das dichte Programm des Wochenendes ab.
Die Highlights der Saison 2017/18
- Erste und enge Zusammenarbeit mit dem Young Dance Festival
- 5 Konzertzüge zu Lucerne Festival
- Klavierrezital Fazil Say
- Dimitri de Perrot: Myousic
- Kibbutz Contemporary Dance Company: «Horses in the Sky»
- Klavierrezital Mikhail Pletnev
- Münchner Volkstheater: «Nathan der Weise»
- VerTeDance: «Correction»
- LiquidStone (Premiere)
- Berliner Barock Solisten; Reinhard Goebel, Leitung
- Nederlands Dans Theater 2
- Giacobbo / Müller on Therapy Tour
- Klavierrezital Rafał Blechacz
- Zmorge im Biohof Zug mit Konzert von Bircherix
Saison 2016/17: «Casino. Gespielt wird immer.»
Eine komplette Saison in 14 verschiedenen Spielorten während der Theatersanierung.
Die Spielorte:
- Shedhalle Zug (Hauptspielort)
- Kultursilo Böschhof Hünenberg
- Chollerhalle Zug
- Galvanik Zug
- Kirche St. Johannes Zug
- Werkstatt-Lagerhalle der Bavaria Auto AG, Baar
- Kirche St. Martin, Baar
- Produktionshalle der V-ZUG
- Aula Kantonsschule
- Chicago Bar & Lounge
- Stadtbahn Zug
- Dock Bar des Restaurant Schiff, Zug
- Hirschenplatz Zug
- Biohof Zug
Die Veranstaltungen:
- Fanfare Ciocârlia: Onwards to Mars!
- Hyeyoon Park, Violine; Daniel Huppert, Leitung; Zuger Sinfonietta
- Silberbüx: Knall uf Fall
- Kaleidoscope String Quartet: Curiosity
- Compañia Maria Serrano: por derecho
- CantaZUG: Singender Adventskalender
- Anet Corti: Optimum
- Daniel Dodds, Violine; Herbert Schuch, Klavier
- Sina: Pärlutaucher
- Tägg en Amsle: Trommler
- Nicolas Altstaedt, Violoncello; Matthias Foremny, Leitung; Stuttgarter Kammerorchester
- Martin O.: Der Mausiker
- Vijay Iyer, Klavier
- Olga Scheps, Klavier
- Raphael Christen und Freunde: rhythm'n'melody
- Cristina Branco: Menina
- Arno Camenisch, Julian Sartorius: Lesung mit Musik
- Hazel Brugger: Hazel Brugger passiert
- Patrick Frey: Dormicum
- Regula Mühlemann, Sopran; Casal Quartett
- Matthias Tschopp Quartet: Untitled
- Zehetmair Quartett
- Lucerne Festival Young Performance: Divamania
- Gidon Kremer, Violine; Kremerata Baltica
- Gardi Hutter: So ein Käse
- Lorenz Keiser: Matterhorn Mojito
- LGT Young Soloists
- Delattre Dance Company: Der Glöckner von Notre-Dame
- Gupfbuebä: Zmorge mit Konzert
- Theater Kanton Zürich: Der Revisor (Gogol)
- Kammeroper München: Der Barbier von Sevilla (Rossini)
- Echo vom Paradiesli: Muttertag-Zmorge mit Konzert
- Pablo Sáinz Villegas, Gitarre; Candida Thomson, Konzertmeisterin und Leitung; Amsterdam Sinfonietta
Saison 2015/16: Highlights
- Hujässler: Hujart (Akkordeon Festival Zug)
- Akkordeonjagd mit Silberbüx (Akkordeon Festival Zug)
- Martin Lubenov's Jazzta Prasta: Impressions (Akkordeon Festival Zug)
- Michael Elsener: Mediengeil (Premiere)
- Martin Zimmermann: Hallo (Ko-Produktion)
- Céu: Ao vivo
- Angelo Branduardi: camminando camminando
- Ensemble Chamäleon & Isabel Charisius, Klavier
- Flamencos en route: ... y que más! haiku flamenco
- Famiglia Dimitri: DimiTRIgenerations
- Christian Zacharias, Klavier
- Massimo Rocchi: EUä
- Junges Theater Basel: Strom
- Kammeroper München: La Finta Semplice (Mozart)
- Michael von der Heide: Bellevue
- Eric Bibb & Habib Koité Trio: Brothers in Bamako
- Rob Spence: Echt stark
- Bodo Wartke: Was, wenn doch?
- Dimitri Ashkenazy, Klarinette; Zuger Sinfonietta
- Bayerisches Staatsballett Junior Company
- Bei den Hirten auf dem Feld
- Theater Tägg en Amsle
Saison 2014/15: Highlights
- Lampenfieber - das 30-Stunden-Kulturfest
- Nigel Kennedy: Bach meets Kennedy
- Hiromi: The Trio Project. Alive
- John McLaughlin and the 4th Dimension
- Luzia von Wyl Ensemble: Frost
- Hagen Quartett
- Bruno Ganz (Sprecher) und Kirill Gerstein (Klavier)
- Mikhail Pletnev, Klavier
- Aterballetto: Don Q. und Rossini Cards
- Ana Moura: Desfado
- Schauspielhaus Bochum: «Othello» (William Shakespeare; Regie: David Bösch)
- Sabine Meyer (Klarinette) und Kammerorchester Basel
Saison 2013/14: Highlights
- Al Di Meola Duo
- Bodo Wartke: «Klaviersdelikte»
- Cedar Lake Contemporary Ballet
- Dimitri Clown: Die Highlights
- Hitziger Appenzeller Chor: Joli-Yo
- Düsseldorfer Schauspielhaus: «Der zerbrochne Krug» (Heinrich von Kleist; Regie: Dušan David Pařízek)
- Thomas Hampson (Bariton) und Amsterdam Sinfonietta
- Casino Style #10
- Regula Mühlemann (Sopran) und Helmut Deutsch (Klavier)
- Michel Camilo, Piano solo
Saison 2012/13
- Avishai Cohen Trio
- Kammeroper München: «La Cenerentola» (Rossini)
- Zuger Sinfonietta und Bettina Castaño: «Desde España con amor»
- Konstantin Wecker: «Wut und Zärtlichkeit»
- Irène Schweizer (piano) und Jürg Wickihalder (sax)
- Dimitri und Mitglieder der Berliner Philharmoniker: «L'histoire du soldat» (Strawinsky)
- Hagen Quartett
- Schauspiel Frankfurt: «Die Physiker» (Friedrich Dürrenmatt; Regie: Markus Bothe)
- Zimmermann & de Perrot: «Hans was Heiri»
- Gonzalo Rubalcaba, piano solo
- Mikhail Pletnev (Klavier und Leitung) und Kremerata Baltica
- Silberbüx und Mitglieder des Tonhalle-Orchesters Zürich: «Mit Zupf und Strich»
- Juan de Marcos González & The Afro Cuban All Stars
Saison 2011/12: Highlights
- Teo Gheorghiu, Klavier, und Musikkollegium Winterthur
- EIDG. MOOS - weltbekannt bis zum Mond
- Orquesta Buena Vista Social Club® featuring Omara Portuondo
- Gidon Kremer, Violine, und Kremerata Baltica
- Michael Elsener: «Stimmbruch» (Premiere)
- Theater Basel: «Das war ich nicht»
- Quatuor Ebène and The other Ebène
- Lorenz Keiser: «Big Bang»
- Emerson String Quartet
- Olli Mustonen, Klavier, und Zuger Sinfonietta
- Cristina Branco: «Fado Tango»
- Ballett Basel: «3»(x)
- Zukerman Chamber Players
- Gauthier Dance: «Poppea/Poppea»
- Kidd Pivot: «Dark Matters»
- Anouar Brahem Quartet: «Astounding Eyes of Rita»
- Sabine und Wolfgang Meyer, Klarinette, und Carmina Quartett
- «Oper am See»: Regula Mühlemann, Sopran, und Bläserphilharmonie Zug
- sowie Flosskonzerte auf dem Zugersee
Saison 2010/11: Highlights
- Lancierung der English Stand-up Comedyreihe CH-uckles
- Lancierung der Konzertreihe «Keynote Jazz» in der neuen Bar & Lounge
- Ursus & Nadeschkin: «Zugabe»
- Massimo Rocchi: «rocCHipedia»
- Carmina Quartett und Hiroko Sakagami, Klavier
- The Golden Gate Quartet
- Juliane Banse, Sopran, und Stuttgarter Kammerorchester
- The Gypsy Queens and Kings
- Kammeroper München: «Die diebische Elster» (Rossini)
- James Carter Organ Trio
- Martin Stadtfeld, Klavier
- Martin O.: «Cosmophon»
- CabaretCuo DivertiMento: «Plan B» (Derniere)
- Abdullah Ibrahim Trio
- Ballett Basel (inkl. Workshop mit Richard Wherlock und Roderick George)
- sowie Pedalokonzerte auf dem Zugersee
Saison 2009/10: Beginn der neuen Ära
Samuel Steinemann übernimmt die Intendanz und zeichnet für die Kulturveranstaltungen der Theater- und Musikgesellschaft ab 1. Juni 2009 verantwortlich. Zusammen mit der Stadt Zug und der Stiftung Theater Casino Zug feiert die Theater- und Musikgesellschaft im Oktober das 100-jährige Bestehen des Theater Casino Zug mit drei Veranstaltungen für vier Generationen («Antanzen, Auftanzen, Abtanzen»).
- Erste Ausgabe von «Casino Style» (klassisches Konzert, Klassik-Battle, DJ-Party)
- Ballett Basel (inkl. Workshop mit Richard Wherlock und Roderick George)
- Theatermacher Hamburg: «Die Räuber»
- Vienna Art Orchestra: «Third Dream»
- Seven und Band
- Giacobbo, Müller, Frey: «Erfolg als Chance»
- Borodin Quartett
- Herman van Veen
- Dino Saluzzi, Musikkollegium Winterthur
- Kolja Blacher, Solisten des Lucerne Festival Orchestra
- Sandrine Piau, Münchener Kammerorchester
- Tokyo String Quartet
Roberto Fonseca Group
Saison 2008/09
Die letzte Saison, für die August P. Villiger als Intendant verantwortlich zeichnete.
- Flamenco en route: «¡miram!» (Premiere)
- Cantori Contenti, Zürcher Kammerorchester: Haydn «Die Jahreszeiten»
- Margrit Läubli: «Mein Leben für’s Cabaret»
- 450 Schülerinnen und Schüler, Armon Caviezel, Zuger Sinfonietta: «Sing mit»
- Salzburg Chamber Soloists, Lavard Skou-Larsen, Tecchler Trio
- Elisabeth Leonskaja
- Andreas Vollenweider
- Erich Vock: «Zwei für eis (Two into one!)»
- Kammer-Solisten Zug: «Grand Duo»
- George Gruntz, Thomas Demenga, Tobias Preisig: «Jazz & Classic»
- Emil: «Drei Engel» - Kabarettistische Lesung
- Chor Audite Nova, Staatskapelle Halle: Mendelssohns «Elias»
- Michael Quast, Philharmonische Cellisten Köln
2008: 200 Jahre
«Die Vergangenheit ist Gegenwart und hat Zukunft» – getreu diesem Motto feierte die Theater- und Musikgesellschaft Zug ihren 200. Geburtstag mit verschiedenen Veranstaltungen während des ganzen Jahres. Im Mittelpunkt standen jedoch nicht allein die vielen Höhepunkte der Vergangenheit, sondern vor allem der Blick nach vorne: So setzte man bei den Feierlichkeiten bewusst immer wieder auf die Jugend, deren Freude und Interesse an der Kultur möglichst früh geweckt werden sollen. Dieses Anliegen zog sich wie ein roter Faden durch das gesamte Jubiläumsjahr.
Festakt
Den Auftakt machte der Festanlass am 20. Januar 2008 – auf den Tag genau 200 Jahre nach der Gründung der Theater- und Musikgesellschaft Zug. Zahlreiche Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur folgten der Einladung ins Theater Casino Zug, darunter der gesamte Stadtrat mit Stadtpräsident Dolfi Müller, Landammann Joachim Eder, Regierungsrat Patrick Cotti, Ständerat Rolf Schweiger und Künstler:innen wie etwa Erich Vock oder Margrit Läubli, die selbst schon auf der Casino-Bühne gestanden hatten.
In einer aufwendigen Multimedia-Inszenierung liessen der Präsident der Theater- und Musikgesellschaft, Toni Luginbühl, und der damalige Intendant August P. Villiger die wichtigsten Meilensteine der letzten 200 Jahre noch einmal aufleben. Einen bedeutenden Teil nahmen dabei die letzten drei Jahrzehnte ein, in denen dank der TMGZ Weltstars wie der Jazz-Trompeter Miles Davis, Sviatoslav Richter, Mummenschanz, Herman van Veen oder Philipp Glass die Stadt Zug beehrt hatten.
Visuell gestaltet wurde die multimediale Präsentation mit viel Liebe zum Detail vom Atelier Christen in Zug. Die grandiose musikalische Umsetzung durch André Desponds (Leitung, Arrangement, Piano), Duilio Galfetti (Violine, Mandoline, Gitarre), Thomas Dobler (Vibraphon, Percussion) und Matthias Ziegler (Flöten) rundete die eindrückliche Rückschau ab, die beim Publikum für einen nicht enden wollenden Applaus sorgte.
Im Rahmen des Festanlasses zeigte die TMGZ gleich zwei ihrer Kernkompetenzen auf: Kultur auf höchstem Niveau zu bieten – und das für alle Altersklassen. Was zuvor bereits gegen 4'000 Schulkinder begeistert hatte, zog auch das Publikum am Jubiläumsabend in seinen Bann: Das bekannte musikalische Märchen «Peter und der Wolf» von Sergej Prokofieff, dramatisiert und inszeniert von der jungen Schweizer Regisseurin Carin Frei. Die musikalische Leitung hatte Carlos Dominguez-Nieto, welcher auch für die Musik-Bearbeitung für ein Solistenensemble der Zuger Sinfonietta verantwortlich war. Die Eigeninszenierung der TMGZ in Zusammenarbeit mit der Kantonalen Animation für Schulmusik wurde gemeinsam produziert von August P. Villiger und Armon Caviezel.
Fil Rouge
Vier grosse Kuben sorgten vom 10. bis 21. Juni 2008 für Gesprächsstoff in Zug: Sie gehörten zur Ausstellung «Fil Rouge», für die sich Staatsarchivar Peter Hoppe auf die Suche nach Daten, Fakten und Anekdoten in der bewegten Vergangenheit gemacht hatte. Präsentiert wurden diese auf grossen Quadranten an jenen vier Standorten, an denen die TMGZ in den letzten 200 Jahren Musik und Theater zum Leben erweckt hatte: Beim ersten Theaterbau am Kolinplatz (heutiger Polizeiposten), am Postplatz (heutiges Verwaltungsgebäude), sowie beim alten und neuen Theater Casino an der Artherstrasse. Die Gestaltung der mobilen Ausstellungskörper hatte das Atelier Christen in Zug übernommen. In den Bau wurden bewusst mehrere Jugendliche miteinbezogen. So erhielten Lehrlinge verschiedener Zuger Firmen die Chance, ein gemeinsames Werk zu schaffen, das grosse Bewunderung auslöste.
Unter dem Portikus des neuen Theater Casino an der Artherstrasse wurden die Kuben nach den Sommerferien noch einmal alle gemeinsam präsentiert.
Spectaculum
Im Rahmen des Seefests vom 21. Juni 2008 bot die TMGZ ein wahres Zuger «Spectaculum» und setzte erneut auf die Hoffnungsträger der Zuger Kulturszene von morgen. Am Nachmittag galt die Aufmerksamkeit all jenen Kindern und Jugendlichen, die an den gemeindlichen Musikschulen im Kanton Zug mit viel Engagement und Leidenschaft die Welt der Musik entdecken. In verschiedenen Formationen spielten sie in der ganzen Stadt verteilt zu Ehren des 200. Geburtstags der TMGZ und des gleichzeitigen 150-Jahr-Jubiläums der Kadettenmusik Zug. Der eigentliche Höhepunkt folgte auf dem Landsgemeindeplatz: Was bot sich dem Publikum für ein unglaubliches Bild, als sich rund 400 junge Musikerinnen und Musiker zur gemeinsamen Uraufführung der «Zuger Bräglete» von Rudolf Barth versammelten. Ein spektakuläres und unvergessliches «Geburtstagsständchen», das mit Sicherheit in die Geschichte der Stadt Zug eingehen wird.
Am Abend erlebten die Besucherinnen und Besucher des Seefests schliesslich ein grandioses Zusammenspiel von Feuerwerk und Musik: Das Programm war zugeschnitten auf eine Komposition, die der Zuger Musiker Dani Häusler im Auftrag der TMGZ eigens für diese Gelegenheit geschrieben hatte. Dieses «Hujässler»-Projekt wurde am 21. Juni zum ersten und gleichzeitig einzigen Mal in dieser Form präsentiert.
Mit dem «Spectaculum» am Seefest brachten die TMGZ, die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Zug FFZ sowie die Musikschulen im Kanton Zug ihre hervorragende Zusammenarbeit und jahrzehntelange enge Verbundenheit zum Ausdruck.
Musical-Oper Nikki
Ende August folgte der eigentliche Höhepunkt des Jubiläumsjahres – die Musical-Oper NIKKI (29. August bis 7. September 2008). Welche Bedeutung diese TMGZ-Eigenproduktion unter der Leitung von August P. Villiger für die Stadt und den Kanton Zug hatte, zeigte das höchst illustre Publikum an der Uraufführung vom 29. August: Die Zuger Regierung nahm in corpore teil – sowohl der gesamte Stadtrat um Stadtpräsident Dolfi Müller wie auch sämtliche Regierungsratsmitglieder um Landammann Joachim Eder. Auch aus der Wirtschaft und Kultur waren zahlreiche Persönlichkeiten unter den Gästen, wie etwa der Zuger Gastronom Hubert Erni oder bekannte Künstler:innen wie Marco Rima, Erich Vock, Brigitta-Luisa Merki oder George Gruntz.
«Beeindruckend, überraschend, hervorragend, noch nie so etwas gesehen» – das Echo auf das einzigartige Bühnen- und Multimediaspektakel war überwältigend. Die spannende und anspruchvolle Geschichte von Autor und Regisseur Rudolph Straub über Zeit- und Seelenreisen, verborgene Welten und die Unergründlichkeit des Lebens verzauberte von der ersten bis zur letzten Minute. Musikalisch war es den beiden Komponisten Carl und Tobias Rütti gelungen, eine Brücke zwischen Musical und Oper, zwischen Klassik, Jazz und Pop zu schlagen. Neben den zeitgerechten Kostümen von Sarah Grangier begeisterte insbesondere auch das einzigartige, imposante Bühnenbild mit Video- und Fotoversatzstücken. Unter der Leitung von Daniel Christen schufen Andreas Iten, Christoph Gutmann, Mark Blezinger und André Stocker eine atemberaubende Kulisse.
Die junge Dänin Kristine Yde Eriksen bezauberte in der Hauptrolle mit ihrer wunderbaren Stimme und Ausstrahlung. An ihrer Seite setzten renommierte Künstler:innen wie Martin Huber, Alexandra Prusa und Uwe Schönbeck weitere Glanzlichter in der Inszenierung. Für Spannung und Dramatik sorgten die vier coolen Beachboys, gespielt von Tim Müller, Pius Föhn, Gábor Németh und Pascal Illi.
Besonders grossen Gefallen fand das Publikum schliesslich an den kleinen Zwillingsbuben, die alternierend von Jules Aeschlimann und Alban Müller, bzw. Axel Umiglia und Silvan Amrein dargestellt wurden. Die vier Knabensolisten der Kantorei Luzern meisterten ihren ersten grossen Auftritt mit Bravour. Der Chor Cantus Zug sowie ein eigens für NIKKI zusammengestelltes Orchester rundeten das erstklassige Ensemble ab.
(Text: Regula Elsener, aus: Theater- und Musikgesellschaft Zug. Ein Dialog)
200. Generalversammlung
Am 28. November 2008 wurde das Jubiläumsjahr mit der 200. Generalversammlung abgeschlossen. Toni Luginbühl trat an dieser Generalversammlung als Präsident der Theater- und Musikgesellschaft Zug zurück, Nachfolgerin wurde Daniela Hausheer.
Tramonto: Ein Geschenk an das Theater Casino Zug
Täglich, zum Zeitpunkt des astronomischen Sonnenunterganges, klingt auf der Seeseite das Theater Casino Zug. Eine ruhige Musik legt sich über den Raum zwischen Theater und See, eine Musik, die so scheint, als würde das Gebäude sie hervorbringen, - als würde die Fassade singen. Eine Musik, extra für diesen Raum geschaffen, - aus diesem Raum gewonnen.
Keine Geschichte wird erzählt. Ein Raum beginnt für die Ohren zu leben; täglich 15 Minuten aus einem Kontinuum von nicht fassbarer Ausdehnung; - doch Dauer spielt hier keine Rolle: Ein Raum wird hörbar, beginnt zu schwingen, in diesem Übergang vom Tag zur Nacht.
Täglich wechselt die Abfolge der Klänge, die, sich miteinander verschränkend, gegenseitig stützend und Raum lassend, ein feines Netz durchs Zwielicht spinnen; - sanft, ruhig, unvorhersehbar und offen …
Atmet die Dämmerung? – Kleine Irrlichter scheinen auf; - die Seele schwingt - .
War das alles nicht schon immer da?
Tramonto wurde konzipiert und realisiert vom Klangkünstler Walter Fähndrich und war das Geschenk der Theater- und Musikgesellschaft Zug anlässlich ihres 200-jährigen Bestehens im Jahr 2008 an das Theater Casino Zug.
Beschleunigung und schrumpfende Distanzen
2008 zählt die Stadtgemeinde Zug rund 25'000 Einwohnerinnen und Einwohner, der ganze Kanton 108'000. Ein Fünftel der Bevölkerung stammt aus dem Ausland – aus den verschiedensten Nationen und Kulturen. Die Distanzen schrumpfen. Zürich und Luzern sind nur noch einen Katzensprung entfernt. Ein Theaterbesuch in Wien, London oder gar New York ist machbar. Konservierte Musik in riesiger Auswahl steht in den Verkaufsregalen oder lässt sich aus dem weltweiten elektronischen Informationsnetz jederzeit «herunterladen». Der Mensch dringt in den Weltraum vor.
1979–1981 errichtet die Stadt Zug auf der Nordseite des alten Casinogebäudes den mit dem Altbau verbundenen Neubau Theater Casino.
Neubau Theater Casino seit 1981
Erweiterungsbau
Die Sanierungsbedürftigkeit des Theater-Casinos rückt Ende der 1940er Jahre die Baufrage wieder ins Zentrum. Während einer ganzen Generation wird geplant und diskutiert: Umbau oder Neubau, Umbau mit separatem Neubau, Einbezug weiterer Liegenschaften, ein anderer Standort. Eine Lösung auf der Schützenmatte in Verbindung mit einem Kongresszentrum wird eine Zeitlang favorisiert. Das Theater-Casino ist vom Abbruch bedroht. Zur Planungsdiskussion gesellt sich das immer stärkere Bedürfnis, auch in Zug am nationalen und internationalen Kulturleben teilhaben zu können. Dafür ist das alte Theater-Casino aber nicht geeignet. Die Lösung heisst: bauliche Entflechtung und betriebliche Professionalisierung. Das alte Casino wird restauriert, übernimmt die Bankett- und Kongressfunktion und erhält ein ständiges Restaurant. Der grosse Theater- und Konzertsaal mit moderner Bühne wird in einen neuen Erweiterungsbau verlegt. Das Projekt der Zuger Architekten Hans Peter Ammann und Peter Baumann schafft mit seiner gelungenen Verknüpfung von Alt- und Neubau, von Tradition und Moderne die symbolträchtige Voraussetzung für einen Kulturbetrieb mit ganz ähnlicher Zielsetzung: Ohne die eigenen, zugerischen Wurzeln zu vergessen, sollen die kulturellen Weltströmungen auch Zug erreichen können.
Die Welt in Zug
Sowohl die betriebliche Professionalisierung wie auch die Neuformulierung der kulturellen Ziele, die sich die Theater- und Musikgesellschaft Zug setzt, sind untrennbar mit einem Namen verbunden – mit August P. Villiger. An der Eröffnung des Neubaus 1981 hat er als Intendant ein Versprechen abgegeben: «Weltbekannte Stars und Ensembles der modernen und der klassischen Musik, des Theaters, Musiktheaters und des Balletts, aber auch viel versprechende und erfolgreiche Künstlerinnen und Künstler aus unserer Region sollen uns mit ihren Darbietungen die Ehre erweisen und unseren Namen in alle Welt hinaustragen.» In der «Ära Villiger» – während fast dreissig Jahren – haben APV und seine Frau Margrit dieses Versprechen quer durch alle Sparten hundertfach eingelöst – von der klassischen Musik über Pop, Jazz, Oper, Operette, Theater und Tanz bis hin zu Eigeninszenierungen, Kabarett und Comedy. Stellvertretend sei an zwei magische Momente erinnert: 1990 gibt der legendäre, wenig später verstorbene Jazztrompeter Miles Davis in Zug ein Exklusiv-Konzert; das Theater Casino wird belagert wie nie zuvor. Und 1992 wählt der US-amerikanische Komponist Philip Glass, Megastar der Minimal Music, für die Welturaufführung seines Stücks «Les enfants terribles» das Theater Casino; Zug steht international in den kulturellen Schlagzeilen.
Zeitstrahl
(1971 Stimm- und Wahlrecht für Frauen)
1971 Die Stiftung Landis & Gyr durchhaut den Planungsknoten mit einer Millionenspende
(1974 Bundesrat Hans Hürlimann)
1977 Volksabstimmung über den Baukredit von 18 Millionen Franken
1981 Eröffnung des Neubaus
1990 Exklusivkonzert Miles Davis
(1991 Untergang der Sowjetunion – Ende des Kalten Krieges)
1992 Welturaufführung «Les enfants terribles» von Philip Glass
(1993 Freigabe des World Wide Web WWW zur allgemeinen Benützung)
1999 Die Liegenschaft Theater-Casino wird Eigentum der Stadt
(2006 Der Kanton Zug zählt 15'315 Aktiengesellschaften)
(Text: Peter Hoppe)
Die Eroberung der weiten Welt
Um 1900 zählt die Stadtgemeinde Zug 6'500 Einwohnerinnen und Einwohner, der ganze Kanton 25'000. Industrie ist jetzt die wichtigste Arbeitgeberin, nicht mehr die Landwirtschaft. Im Ozean verlegte Fernmeldekabel verbinden die Alte und die Neue Welt. 1891 eröffnet in der Stadt Zug das erste Telefon-Ortsnetz mit Handzentrale den Betrieb. Die ersten Autos rasen mit über 20 Stundenkilometern durch die Gegend. Der Mensch erobert den Luftraum.
1907–1909 baut die Theater- und Musikgesellschaft das grosse Theater-Casino an der Artherstrasse.
1908–1980: Theater und Casino an der Artherstrasse
Mit Lotterien finanziert
Nicht nur Theateraufführungen und Konzerte sollen im geplanten Neubau stattfinden, sondern auch Feste, Versammlungen, Kongresse. Nicht bloss ein neues Theater ist gefragt, sondern ein Theater und Casino, Letzteres mit der nötigen Infrastruktur, um auch grosse Bankette ausrichten zu können. Die Lösung der schwierigen Aufgabe gelingt dem jungen, erst 27-jährigen Zuger Architekten Dagobert Keiser (1879–1959). In der Generalversammlung vom 15. Januar 1907 – sozusagen am 99. Geburtstag der Theater- und Musikgesellschaft – wird sein Projekt gutgeheissen, und zwar einstimmig. Das Baubudget ist mittlerweile auf 460'000 Franken angestiegen – eine gewaltige Summe für einen privaten Verein mit wenig über hundert Mitgliedern! Finanziert wird es mit vier amtlich bewilligten Lotterien. 1'300'000 Lose zum Preis von je 1 Franken werden ausgegeben. Hauptpreise bis zu 50'000 Franken locken. Der Nettoerlös und der Verkauf der Liegenschaften altes Theater und Bellevue decken die Baukosten und äufnen einen kleinen Betriebsfonds ...
Die Standortfrage
1897 wird die Burgbach-Turnhalle gebaut. Für die Idee, kombiniert mit der Turnhalle am gleichen Ort auch ein neues Theater zu bauen, liegt ein ausgearbeitetes Projekt vor. Die Ausführung unterbleibt aus Kostengründen. 1904 verbietet der Zuger Stadtrat aus Sicherheitsgründen die weitere Benützung des Stadttheaters. Damit ist der Fall klar: Es braucht einen Theaterneubau. In der Folge werden – verteilt über die ganze Stadt zwischen Schützenmatte, heutigem Bundesplatz und Hofstrasse – 5 verschiedene Standorte erwogen. Am 1. Juli 1905 wird zwischen den Standorten oberer Postplatz (Liegenschaft Wyss) und Artherstrasse entschieden. Letzterer schwingt obenauf, wegen der deutlich tieferen Kosten und wegen des günstigen Urteils von Gutachter Gustav Gull. Er bezeichnet die Lage am See als geradezu ideal für Casinozwecke.
Zeitstrahl
1909 Einweihung des Neubaus an der Artherstrasse
(1914 Ausbruch 1. Weltkrieg)
1918 Nutzung als Grippelazarett
1925 «Der Bettelstudent» von Millöcker: Operetteninszenierung
(1929 Börsenkrach und Ausbruch der Weltwirtschaftkrise)
(1931 Radio Beromünster)
(1934 Philipp Etters «Geistige Landesverteidigung»)
(1939 Landi in Zürich – Ausbruch 2. Weltkrieg)
1949 Cabaret «Durzug»
1951 Einführung des Abonnements
(1952 Zuger Zentenarfeier)
1952 Eigeninszenierung «Das Zuger Spiel von Stadt und Land»
(1957 Russischer Sputnik als erster künstlicher Erdsatellit)
(1958 Schweizer Fernsehen)
1960 Die Stadt erwirbt die nördlich angrenzende Liegenschaft Bucher
1961 Die Stadt und die TMGZ errichten die Stiftung «Theater Casino»
(1969 Erster Mensch auf dem Mond)
(Text: Peter Hoppe)
Das Maschinenzeitalter bricht an
Um 1850 zählt die Stadtgemeinde Zug 3'300 Einwohnerinnen und Einwohner, der ganze Kanton 17'500. Zug ist zu über 99 Prozent katholisch. Die Stadtbefestigung hat ihren Sinn verloren und wird durchlöchert. Das Zeitalter der Maschine bricht an. Der Morse-Telegraph ermöglicht die blitzschnelle Nachrichtenübermittlung über weite Distanzen.
1842 baut die Theater- und Musikgesellschaft ihr eigenes Stadttheater am heutigen Postplatz.
1843–1908: Stadttheater am Schanzenplatz
Die Garderobenfrage gibt den Ausschlag
1842 klagt die Theater- und Musikgesellschaft, die derzeitige Einrichtung des Theaters sei für die Durchführung von musikalischen Produktionen und geselligen Festlichkeiten ungeeignet. Sie beschliesst deshalb, das Theater umzubauen und «in dem nämlichen Raume einen Musik- und Festsaal herzustellen». Das fertig vorbereitete Unternehmen scheitert im letzten Moment an der Garderobenfrage: Der Widder-Wirt verweigert die rechtsverbindliche Zusicherung, Zimmer in seinem Hause auch weiterhin als Ankleideräume zur Verfügung zu stellen. Falken-Wirt Johann Peter Weiss, der eben im Begriffe ist, auf der Westseite des Baarertors das Bellevue zu bauen, macht diesbezüglich bessere Offerten, und so kommt es in kürzester Zeit zum Umschwung: Das alte Theater wird aufgegeben und das neue Stadttheater seeseitig ans Bellevue angebaut. Die Stadt beteiligt sich mit 1'900 Franken und der Erlaubnis, die Zimmerhütte und den Schwefelturm abtragen und das Abbruchmaterial für den Neubau verwenden zu dürfen. Die Baurechnung beläuft sich auf knapp 7'900 Franken. 57 Gesellschaftsmitglieder verpflichten sich unterschriftlich, für die Schulden solidarisch zu haften.
Hotel Bellevue
Probensaal und Theatergarderoben. Der Erbauer des Bellevue verpflichtet sich 1842 vertraglich gegenüber der Theater- und Musikgesellschaft, in seinem Haus zwei Ankleidezimmer zur Verfügung zu stellen und einen Saal zu bauen, der auf dem Niveau der kommenden Theaterbühne ans Nachbarhaus stösst. Aus diesem Saal sollen zwei Seiten- und eine Mitteltüre in den Bühnenraum führen. Grösse und Position der Türen kann die Gesellschaft bestimmen. Bei musikalischen und theatralischen Produktionen und allen dazu gehörenden Proben darf die Gesellschaft diesen Saal und die Garderobenzimmer ausschliesslich und unentgeltlich benützen.
Theatergebäude
Bühnenturm. Die Bühne ist 7,5 bis 8 Meter breit, 5,5 Meter tief und 8,5 Meter hoch. Der Bühnenrahmen im Proszenium misst 5 auf 4,5 Meter. Dem eigentlichen Bühnenraum kann eine kleine Hinterbühne angegliedert werden. Die Bühnenausstattung besteht aus dem Prospekt und je drei Seitenkulissen. Die verschiedenen Prospekte und Seitenkulissen hängen dicht unter dem Ziegeldach am Schnürboden und werden mit zwanzig Aufzügen bewegt. Die Bühne hat eine kleine Versenkung. Der Schauspieler, der beispielsweise als Geist aufzutauchen hat, muss unter dem Bühnenboden durch zu dieser Versenkung hingeschoben werden – fast wie das Brot in den Backofen.
Theater-, Musik- und Ballsaal im ersten Stock. Der Zuschauer:innen-Raum für vielleicht 300–350 Personen hat nicht einmal 70 Quadratmeter Grundfläche. Er ist im Grundriss halbkreisförmig, mit Parterre, Galerie und zwei Seitenlogen. Der Boden lässt sich mittels einer Maschinerie heben und senken. Bei Aufführungen wird er gegen die Bühne zu bis auf das Niveau des Orchesterbodens abgesenkt. Die so entstehende Überhöhung gestattet eine ausgezeichnete Sicht von allen Bänken und Stehplätzen aus. Bei Maskenbällen oder bei Konzerten mit anschliessender Unterhaltung wird der Zuschauerboden bis auf die Höhe des Bühnenbodens angehoben. Der einfache Tannenbretterboden muss dann allerdings mit «Schlupfpulver» zuerst tanzbereit gemacht werden...
Beleuchtung. Die Bühnenbeleuchtung besteht aus Öl- und später Petrollampen in dreiseitig geschlossenen Holzkästen. An den Wänden des Zuschauerraums hängen Öllampen. Das Prunkstück ist jedoch der Kristall-Kronleuchter. Spektakuläre Neuerung im Jahr 1889: Die Beleuchtung wird auf elektrisches Licht umgestellt.
Den Strom für die 48 Glühlampen liefert die private Dynamomaschine im Keller des Hotels Löwen. In der Schweiz gibt es ausser in Zug nur noch in Genf ein Theater mit elektrischer Beleuchtung!
Magazinraum, Musik- und Probensaal, Gleichstromzentrale. Das Erdgeschoss des neuen Stadttheaters wird zwar von der Theater- und Musikgesellschaft im Rohbau erstellt, gehört aber der Stadt bzw. der Korporation Zug und wird von Letzterer als Magazin genutzt. 1864 tritt die Korporation den Unterbau des Theaters an die Gesellschaft ab. Der Abstellraum dient zeitweise auch als «Winterturngebäude». 1872 richtet die Gesellschaft mit beträchtlichem finanziellem Aufwand einen zweiten Saal ein. Dieser so genannte Untere Saal ist als Musik- und Probensaal gedacht, leidet aber stark unter Feuchtigkeit. 1893 wird der Parterre-Saal an die Wasserwerke Zug vermietet, die hier für die Elektrizitätsversorgung der Stadt die «Gleichstromzentrale Theater» einrichten.
Zeitstrahl
1843 Eröffnung des Stadttheaters am Schanzenplatz
1844 Eine Kapuzinerpredigt gegen Theater spielende Frauenzimmer bringt die ganze Stadt in Aufruhr
(1848 Schweizerischer Bundesstaat)
(1852 Erstes Dampfschiff auf dem Zugersee)
(1853 Erstes Telegraphenbüro in Zug)
(1864 Erste Eisenbahn im Kanton Zug)
1873 Der neue Parterresaal wird eingeweiht
(1880 Edisons Kohlefadenglühlampe wird patentiert)
(1887 Zuger Vorstadtkatastrophe)
1889 Elektrische Theaterbeleuchtung
1902 Die Theater- und Musikgesellschaft Zug erwirbt das Bellevue
(1903 Erstes steuerbares Motorflugzeug)
1904 Theaterschliessung aus Sicherheitsgründen
(Text: Peter Hoppe)
Am Übergang zu einer neuen Zeit
Um 1800 zählt die Stadtgemeinde Zug 2'400 Einwohnerinnen und Einwohner, der ganze Kanton 12'000. Zug ist rein katholisch. Die alte Ordnung mit Gnädigen Herren und Untertanen oder Unternaninnen ist soeben zusammengebrochen. Die Stadt ist immer noch befestigt; jeden Abend werden die Stadttore geschlossen. Die nächsten Städte Zürich und Luzern sind selbst für die schnellsten Verkehrsmittel mehrere Stunden weit entfernt.
1782/83 wird am Kolinplatz über der alten Stadtmetzg das erste ständige Theaterlokal eingerichtet.
1782–1842: Theaterlokal auf der Metzg
Unten werden die Ochsen geschlachtet - oben die Helden
Zug hat eine alte Theatertradition: Schüler:innen-Aufführungen im Zeughaus oder in der Zimmerhütte, wandernde Schauspieler:innen, die sich auf primitiven kleinen Bühnen produzieren, Volkstheater unter freiem Himmel. Am 14. und 15. September 1672 wird auf dem Kolinplatz mit grösstem Aufwand und Pomp vor über 3'000 Zuschauern und Zuschauerinnen das «Eydgnössische Contrafeth» des Zugers Johann Kaspar Weissenbach gesungen und gespielt; die halbe Stadt wirkt mit. Aber erst 1782/83 wird auf Kosten der Stadt ein ständiges Theaterlokal eingerichtet. Das bescheidene «Comoedi-Haus» befindet sich im ersten Stock oberhalb der alten Stadtmetzg (heute Polizeiposten). Es wird mit der Wirtschaft zum Widder durch einen Gang verbunden, damit dortige Zimmer als Garderoben benützt werden können. Für Bühne, Proszenium, Musiker:innen-Bank und Publikum stehen vielleicht 100 Quadratmeter zur Verfügung.
Die Theatergesellschaft Zug wird gegründet
1808 wird aus dem Kreis der Stadtbürgerschaft die private «Theatergesellschaft Zug» gegründet. Das Hauptziel: Alle Mitglieder üben sich wöchentlich im Vortragen und Theaterspielen und bringen von Zeit zu Zeit Stücke zur Aufführung. Zweckartikel von 1809: «Die Mitglieder bilden unter sich als warme Freunde des Schönen und Guten einen eng geschlossenen, vertrauten Zirkel. Ihre offenen, unverhohlenen Zwecke sind: gemeinschaftlich mit den besten theatralischen Produkten und auch andern vorzüglichen Gedichten bekannt zu werden, in Stunden der Musse durch eine angenehme, für Kopf und Herz interessante Unterhaltung zu gewinnen, Geschmack und Kritik zu erwerben.» Von Anfang an sind auch Frauen Gesellschaftsmitglieder. 1809 werden die ersten Musikliebhaber:innen aufgenommen. Sie verpflichten sich zu wöchentlichen Übungen und einem monatlichen Konzert im Kreis der Gesellschaft. Die Leitung hat der Musikdirektor. Der Name «Theatergesellschaft Zug» wird aber ausdrücklich beibehalten.
Einfache Laienbühne
So wichtig es war, dass Zug über ein ständiges Theaterlokal verfügte, so bescheiden muss man sich die Ausstattung vorstellen. Ein Inventar von 1810 erwähnt den Leinenvorhang, der an einem Seil hängt, die Bank für die Musiker:innen und die vorhandenen Dekorationen und Kulissen, die zum Beispiel eine Bauernstube, den Kerker, eine Gruft, den Tempel oder in Form einer Gipsdecke den blauen Himmel darstellen. Stolz ist man auf die Einrichtung mit «künstlichem Licht»: bei der Musikantinnen/Musikanten-Bank Öl-Schüsselchen und Lichtschirme aus Blech, für die Dekorationen und Kulissen kleine blecherne Öl-Ampeln und «Kerzen-Anhänker». Ihre Kostüme müssen die Spielenden grösstenteils selbst anschaffen. Es gibt einen Souffleur und Statisten oder Statistinnen («Figuranten»). Der Unterdirektor ist verantwortlich, dass die Veränderungen des Bühnenbilds, die Auftritte der Spielenden und alle hinter den Kulissen zu erzeugenden Effekte («Donner, Blitze, Gerassel etc.») zur richtigen Zeit erfolgen. Den Blitz erzeugt man, indem Bärlapp-Blütenstaub über eine Kerzenflamme geblasen wird.
Zeitstrahl
(1789 Französische Revolution)
(1798 Französische Truppen besetzen die Schweiz)
(1804 Schillers Wilhelm Tell)
1808 Gründung der Theatergesellschaft Zug
(1808 Beethovens 5. Sinfonie)
1810 Erste Aufführung: «Das Gastrecht», Tragödie von Friedrich Wilhelm Ziegler
(1817 Letzte Hungerkrise im Kanton Zug)
1818 Erstmalige Bezeichnung als «Theater- und Musikgesellschaft Zug»
1829 Aufführung von Schillers Tell durch die Theatertruppe Joseph Lingg
(1834 Erste zugerische Fabrik in Unterägeri)
(Text: Peter Hoppe)